Babyschlaf gekonnt begleiten – eine kleine Anleitung

by | 16.02.2022

Es gibt nichts Schöneres, als wenn das Baby schläft.

Einschlafen, durchschlafen, tief schlafen…wer hätte gedacht, dass so was Schönes und Erholsames, Stress auslösen kann? In meiner Praxis wird folgende Frage oft gestellt: Warum schläft mein Baby nicht durch?

Weil das zu dem Zeitpunkt noch nicht möglich ist. Das Gehirn Ihres Neugeborenen ist noch unreif. Außerdem hat jedes Neugeborene/Säugling einen unterschiedlichen Schlafbedarf, der vom Alter abhängig ist – meistens zwischen 14 und 18 Stunden am Tag. Manche Neugeborene schlafen mehr und manche weniger, wobei in der ersten Zeit schläft das Neugeborene wie im Mutterleib – viel 🙂.

Schlaftabelle

ALTERSCHLAFBEDARF IN 24 STUNDEN
0-3 Monate16-18 Stunden – über 24 Stunden verteilt
3 Monate14,5 Stunden – mehr Nachts als Tagsüber
6-9 Monate14,2 Stunden – Beginn des Durchschlafens von 6-8 St.
12 Monate14 Stunden – 2 und mehr Tagschläfe

Einen regen Austausch mit den anderen Müttern finde ich gut, wobei manchmal solche Vergleiche irreführend sind. Außer Frustration werden Sie oft keine nützlichen Erkenntnisse gewinnen. Sie können ein Neugeborenes, das 20 Stunden schläft, NICHT mit einem Neugeborenen, das 14 Stunden schläft, vergleichen. Wir sind alle verschieden – unsere Babys auch. Erst ab dem sechsten Lebensmonat verändern sich sowohl der Schlafbedarf als auch die Schlafphasen.

Haben Neugeborene die gleichen Schlafphasen wie Erwachsene?

Nein. Weder die Reihenfolge noch die Länge. Und das ist für Sie, als Eltern, eine wahre Herausforderung.

Es gibt zwei Schlafformen: REM-Schlaf (Rapid Eye Movement oder leichter Schlaf) und non-REM-Schlaf (non-Rapid Eye Movement oder Tiefschlaf)

Bei Erwachsenen ist der non-Rem-Schlaf noch in drei Phasen unterteilt:

  • Einschlafphase (hier schläft man gerade ein)
  • Leichtschlafphase (hier setzt der Schlaf ein)
  • Tiefschlafphase (hier erholt man sich).

So weit, so gut – nur bei Neugeborenen ist das leider nicht so.

Bis zum dritten Monat fallen Neugeborene und Säuglinge zuerst in den REM-Schlaf, der ca. 20-30 Minuten andauert. Danach kommt es zu einem Phasenwechsel. Diese nächste Phase, non-REM-Schlaf, dauert ebenso ca. 20-30 Minuten. Diese beiden Phasen wechseln sich ab. Ein Schlafzyklus dauert beim Neugeborenen und Säuglingen ca. 50 Minuten. In dem Moment, wo es zum Schlafphasenwechsel kommt, wachen die Kinder auf. Das ist physiologisch.

Der Sinn des leichten Schlafes hat etwas mit der Evolution zu tun. Die wunderbare Erklärung finden Sie im Artikel „Schlafprobleme aus Sicht der Evolution“, verfasst vom Kinderarzt Herbert Renz-Polster.

Vergessen Sie nicht, dass JEDER, der in der REM-Phase aufwacht, aufgekratzt ist.

Erst ab dem dritten Monat gibt es eine kleine „Zusatzphase“ hinzu. Die Säuglinge fallen zuerst in einen paradoxen Schlaf, der ca. 15 Minuten dauert. Das ist eine Phase im REM-Schlaf, die durch die schnellen Augenbewegungen bei geschlossenen Augenlidern gekennzeichnet ist. Dann kommen die restlichen Phasen. Insgesamt dauert dieser Zyklus ca. 70 Minuten – immerhin etwas länger als früher 😉.

Die „erwachsene“ Tiefschlafphase besteht aus 4 verschiedenen Stufen und ist bei Kindern bis 6 Monaten nicht ausgereift.

WICHTIG: Der Verständlichkeit halber, habe ich auf eine präzise Aufteilung und Beschreibung der Phasen verzichtet. Dieser Artikel soll als Orientierungshilfe dienen.

Wie kann ich mein Neugeborenes in den beiden Schlafphasen unterstützen?

Wenn wir davon ausgehen, dass das Neugeborene zuerst in einen leichten Schlaf fällt, der 20-30 Minuten dauert, ist es wenig sinnvoll ihn in der Zeit ins Bett abzulegen. Seine Augen werden sofort zu Scheinwerfern. Alle Eltern haben so eine Erfahrung gemacht und wissen, dass die Säuglinge in dem Zustand schwer zu beruhigen sind. Der Wechsel zwischen der Tiefschlaf- und der nächsten Leichtschlafphase, kann durch das sanfte Beruhigen oft regelt werden. In diesem Moment strecken und bewegen sich Baby etwas und wenn man diese Phase abpasst, können Babys durch die leichte Berührung und einer sanften Stimme reguliert werden – z.B. mit einem Sch-Laut.

Interessant ist, dass die Schlafphasen zwischen der Mutter und ihrem Kind aufeinander abgestimmt sind. Das bedeutet, dass sie beide ähnlich leicht oder tief schlafen. Das Kind ist trinkbereit, wenn sich die Mutter in einer REM-Phase befindet.

Die meisten Kinder, vorwiegend die, die nur gestillt werden, wachen im ersten Jahr mindestens einmal auf.

Den richtigen Zeitpunkt verpasst? – kein Problem – Sie werden immer besser

Manchmal verpasst man den richtigen Zeitpunkt oder erkennt nicht schnell genug, dass das Baby müde ist. In diesem verpassten Moment schüttet das Baby Stresshormone aus und es braucht länger bis es sich wieder beruhigt.

Die häufigen Anzeichen, dass ihr Baby müde ist:

  • Ihr Baby führt die Hand zum Augen oder Ohren
  • Ihr Baby gähnt
  • Ihr Baby fuchtelt mit den Händen vor dem Gesicht
  • … und all das, was Sie als Mutter bei Ihrem Kind bereits als Müdigkeitszeichen zugeordnet haben

Beobachten Sie Ihr Baby genau. Es wird Ihnen genau das zeigen, was es braucht. Manchmal werden Sie es erkennen und manchmal nicht. Setzen Sie sich nicht unter Druck. Mit der Zeit werden Sie als „Sherlock Holmes“ immer besser.

Und dann, nachdem das Gefühlt aufkommt, endlich alles durchschaut zu haben, werden Sie feststellen, dass Ihr Baby einen Wachstumsschub durchläuft und alles fängt von vorne an.

Der Körperkontakt ist beim Einschlafen extrem wichtig

Der Körperkontakt ist essenziell. Das Neugeborene/Säugling kann sich nur mit Ihrer Hilfe regulieren. Das noch unterentwickelte Gehirn hat nicht die Fähigkeit einer Selbstregulation. Durch den Kontakt mit Ihnen fühlt sich das Baby sicher und geborgen.

Und jetzt das wichtigste. Ein Baby kann nicht mit der Körpernähe und vielen Tragen „verzogen oder verwöhnt“ werden. Das, was man typischerweise meint, ist verziehen, aber das ist etwas anders und erst später, mit anderen Sachen, möglich. Liebe, Nähe und Körperkontakt sind Bedürfnisse, die alle brauchen, um zu existieren.

Ohne „Sachen“ lässt sich leben

ABER

ohne Liebe verkümmern wir alle.

Alexandra Marjanovic

Wir alle lieben es, verwöhnt zu werden. Sie, als Erwachsener auch. Warum sollte Ihr Baby nur soviel Nähe und Liebe erfahren, wie es in einem Buch steht? Warum nicht das geben, was Sie eigentlich in Ihrem Herzen spüren – nämlich 100 % Liebe?

Die Körpernähe und das Tragen in den ersten 8 Wochen, sind essenziell, um eine gesunde mentale und körperliche Entwicklung für Ihr Baby zu gewährleisten. Die ersten Verbindungen zwischen den Gehirnzellen entstehen durch die Erfahrung mit der Außenwelt. Diese Verknüpfungen, die hier entstehen, sind für die emotionale und soziale Intelligenz des Kindes verantwortlich. Natürlich ist die Körpernähe für alle wichtig, jedoch wird die Basis am Anfang geformt.

Schlafrituale pflegen

Rituale sind nicht nur für Babys wichtig und angenehm, sondern auch für Eltern. Sie wirken beruhigend und entspannend für alle.

Folgende Möglichkeiten, um Ihr Baby zu beruhigen, könnten hilfreich sein. Letzten Endes muss ausprobiert werden, was für IHR Baby und SIE funktioniert.

  • Spieluhr aufziehen
  • Geräusche App (Föhn, Staubsauger oder weißes Rauschen)
  • kurze und sanfte, auf das Alter angepasste Massage

In dieser Präsentation über das Gehirn, Bindung und Stressregulation können Sie Wissenswertes über Co-Sleeping erfahren. Ich empfinde es als interessant, dass in den Ländern, wo Co-Sleeping praktiziert wird, der plötzliche Kindstod am seltensten auftritt.

Ärgern Sie sich nicht, wenn nicht alles glattläuft

Denken Sie immer daran – Sie sind nicht alleine mit den Herausforderungen, die Sie jeden Tag bewältigen. Vergleichen Sie sich nicht allzu sehr mit den Anderen und machen Sie sich klar, dass alle Babys verschieden sind. Lassen Sie sich Zeit, um Ihr Baby kennenzulernen und geben Sie Ihrem Baby die gleiche Möglichkeit.

Trauen Sie sich, falls Sie nicht weiterwissen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Und – last but not least – stellen Sie Ihr Baby einem Kinderosteopathen vor, der eventuelle Verspannungen, die das zarte System reizen können, lösen kann.

Liebe. Nähe. Annahme. Vertrauen.

Das ist alles, was wirklich zählt.
Alexandra Marjanovic
Alexandra-Henriette Marjanovic

Alexandra-Henriette Marjanovic

M.Sc. ped.Ost. (GB), DPO, M.Sc. Ost. (D)

Alexandra Marjanovic ist eine erfahrene Heilpraktikerin, die sich auf Psychologie, Psychosomatik und Osteopathie spezialisiert hat. Mit viel Herz und Fachwissen begleitet sie Neugeborene, Kinder mit besonderen Bedürfnissen und Erwachsene mit ADHS auf ihrem Weg zu mehr Wohlbefinden.

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