ADHS: Weiblich vs. Männlich

by | 24.08.2024

ADHS, oder Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, ist eine neurobiologische Erkrankung. Diese Störung beruht auf Abweichungen in der Gehirnfunktion, insbesondere durch den Botenstoff Dopamin. Viele Menschen bringen ADHS häufig mit Kindern, vor allem Jungen, zusammen. Allerdings sind auch zahlreiche Erwachsene betroffen.

Früher wurde ADHS hauptsächlich als männliche Störung betrachtet, doch neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass Frauen fast genauso häufig betroffen sind wie Männer. (Faraone et al., 2000) Es gibt wichtige, aber oft subtile Unterschiede in den ADHS-Symptomen, der Gehirnstruktur und dem Verlauf der Störung zwischen Männern und Frauen. Frauen haben häufigere Schwierigkeiten mit Unaufmerksamkeit und bekommen die Diagnose oft später als Männer. Hormonelle Faktoren könnten dabei eine wichtige Rolle spielen. (1)

In diesem Blogartikel werfen wir einen Blick auf die Unterschiede bei ADHS zwischen Frauen und Männern. Das Ziel ist es, ein besseres Verständnis für die verschiedenen Ausprägungen und Herausforderungen dieser Störung zu schaffen.

1. Symptomausprägung bei ADHS

Die Symptomausprägung von ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) zeigt tatsächlich geschlechtsspezifische Unterschiede, die sich in der Art und Intensität der Symptome manifestieren. (3) (4).

Frauen mit ADHS neigen häufiger zum unaufmerksamen Typ der Störung. Dies äußert sich in Symptomen wie:

Diese Symptome sind oft weniger auffällig und können leichter übersehen werden, was zu einer Unterdiagnose bei Frauen führen kann. Männer hingegen zeigen tendenziell eher den hyperaktiv-impulsiven Typ des ADHS.

Charakteristische Merkmale bei Männern sind:

  • Äußerlich sichtbare motorische Unruhe
  • Impulsives und unüberlegtes Handeln
  • Schwierigkeiten, stillzusitzen oder ruhig zu bleiben
  • Häufiges Unterbrechen oder Stören anderer
  • Aggressives oder oppositionelles Verhalten

ADHS zeigt sich bei Männern und Frauen oft unterschiedlich, was es schwieriger machen kann, die Störung bei Frauen zu erkennen und zu diagnostizieren. Bei Männern fallen die ADHS-Symptome meist stärker auf, da sie häufiger hyperaktiv und impulsiv sind. Ihr Verhalten führt oft zu Problemen in der Schule, im Beruf und in sozialen Beziehungen, und sie neigen eher zu Suchtproblemen. Frauen hingegen haben häufigere Schwierigkeiten mit Unaufmerksamkeit. Bei ihnen treten Depressionen und Ängste öfter auf, und sie können ihre Gefühle schlechter regulieren. Studien bestätigen diese geschlechtsspezifischen Unterschiede. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass jeder Mensch mit ADHS einzigartig ist und die Symptome sich im Laufe des Lebens verändern können. Da die Symptome bei Frauen weniger auffällig sind, wird ADHS bei ihnen oft später oder gar nicht erkannt. Dies kann dazu führen, dass Frauen nicht die Hilfe erhalten, die sie benötigen.

2. ADHS-Diagnose

Die Diagnose von ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) weist deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede auf, die zu einer signifikanten Diskrepanz in der Erkennungsrate zwischen Männern und Frauen führen. Tatsächlich wird ADHS bei Jungen und Männern 2–3-mal häufiger diagnostiziert als bei Mädchen und Frauen. (7) Diese Diskrepanz ist besonders ausgeprägt im Kindes- und Jugendalter. Eine Studie von Ramtekkar et al. (2010) zeigte, dass das Verhältnis der ADHS-Diagnosen zwischen Jungen und Mädchen im Schulalter etwa 3:1 beträgt. Bei Frauen wird ADHS oft später oder gar nicht erkannt, da die Symptome weniger offensichtlich sind und häufig als andere psychische Störungen fehlinterpretiert werden(7) Dies führt zu einer erheblichen Unterdiagnose bei Frauen, insbesondere im Erwachsenenalter. Eine Untersuchung von Quinn und Madhoo (2014) ergab, dass Frauen im Durchschnitt erst mit 36–37 Jahren eine ADHS-Diagnose erhalten, während Männer bereits mit 7–8 Jahren diagnostiziert werden. Die Gründe für diese Diskrepanz sind vielfältig:

  1. Symptompräsentation: Frauen zeigen häufiger den unaufmerksamen Typ der ADHS, der weniger auffällig ist als der hyperaktiv-impulsive Typ, der bei Männern häufiger vorkommt (7)
  2. Forscher und Kliniker entwickelten viele ADHS-Screening-Instrumente und Diagnosekriterien ursprünglich anhand von überwiegend männlichen Stichproben, was zu einem Bias in der Erkennung führen kann.
  3. Kompensationsstrategien: Frauen entwickeln oft effektive Bewältigungsstrategien, die ihre Symptome maskieren können.
  4. Komorbidität: Bei Frauen treten häufig begleitende Störungen wie Depressionen oder Angststörungen auf, die die ADHS-Symptome überlagern können.

Eine Studie von Mowlem et al. (2019) zeigte, dass Frauen mit ADHS öfter unter Ängsten und Depressionen leiden als Männer. Das macht es schwieriger, ADHS bei ihnen zu erkennen. Wenn die Diagnose spät oder gar nicht gestellt wird, kann das ernste Folgen haben. Viele betroffene Frauen fühlen sich weniger wert, haben Probleme in Beziehungen und im Job. Sie erkranken auch häufiger an psychischen Störungen und deshalb ist es wichtig, dass Ärzte und Therapeuten die Unterschiede zwischen Männern und Frauen mit ADHS besser verstehen. So können sie die Krankheit bei Frauen früher erkennen und besser behandeln. Entwickeln spezielle Screening-Instrumente für Frauen und schulen Fachkräfte, um ADHS bei Frauen besser zu erkennen. Eine frühzeitige und genaue Diagnose kann die Lebensqualität der betroffenen Frauen deutlich verbessern und ihnen die passende Unterstützung und Behandlung bieten.

3. Geschlechtsspezifische Begleiterkrankungen bei ADHS

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine komplexe neurologische Erkrankung, die sich bei Männern und Frauen unterschiedlich manifestieren kann. Besonders interessant sind die geschlechtsspezifischen Muster bei Begleiterkrankungen, die häufig mit ADHS einhergehen.

Frauen mit ADHS: Neigung zu internalisierenden Störungen

Frauen mit ADHS neigen eher dazu, internalisierende Störungen zu entwickeln, was bedeutet, dass sie ihre Probleme und Gefühle nach innen richten, was sich in folgenden Begleiterkrankungen äußern kann:

  • Depressionen: Viele Frauen mit ADHS erleben Phasen tiefer Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit und Hoffnungslosigkeit.
  • Angststörungen: Übermäßige Sorgen, Panikattacken oder soziale Ängste sind bei Frauen mit ADHS häufiger anzutreffen.

Diese Neigung könnte teilweise darauf zurückzuführen sein, dass ADHS bei Mädchen und Frauen oft später oder gar nicht diagnostiziert wird, was zu jahrelangen Schwierigkeiten und einem verminderten Selbstwertgefühl führen kann.

Männer mit ADHS: Tendenz zu externalisierendem Verhalten

Im Gegensatz dazu zeigen Männer mit ADHS häufiger externalisierende Verhaltensweisen. Sie richten ihre Probleme und Gefühle eher nach außen, was sich folgendermaßen äußern kann:

  • Aggressivität: Männliche ADHS-Betroffene können zu impulsiven Wutausbrüchen oder körperlichen Auseinandersetzungen neigen.
  • Substanzmissbrauch: Das Risiko für Alkohol- oder Drogenmissbrauch ist bei Männern mit ADHS erhöht.
  • Risikobereitschaft: Extreme Sportarten oder riskantes Fahrverhalten können Ausdruck des erhöhten Stimulationsbedürfnisses sein.

Diese Verhaltensweisen können als Versuch verstanden werden, mit den inneren Spannungen und der Unruhe umzugehen, die mit ADHS einhergehen. Es ist wichtig zu betonen, dass diese Muster Tendenzen darstellen und nicht auf alle Betroffenen zutreffen. Jeder Mensch mit ADHS ist einzigartig, und individuelle Faktoren wie Persönlichkeit, Umfeld und Erziehung spielen eine große Rolle bei der Ausprägung von Begleiterkrankungen.

4. Coping-Strategien bei ADHS: Implodieren vs. Explodieren

Menschen mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) entwickeln oft unterschiedliche Strategien, um mit ihren Herausforderungen umzugehen. Interessanterweise lassen sich dabei geschlechtsspezifische Tendenzen beobachtet. „Implodieren“ bei Frauen und „Explodieren“ bei Männern.

Frauen und das „Implodieren“

Frauen mit ADHS neigen dazu, ihre Schwierigkeiten zu verbergen und nach innen zu richten. Dieses „Implodieren“ kann sich folgendermaßen äußern:

  • Internalisierung: Probleme werden oft still ertragen und nicht nach außen kommuniziert.
  • Selbstzweifel: Frauen mit ADHS entwickeln häufig starke Selbstkritik und ein geringes Selbstwertgefühl.
  • Überkompensation: Viele Frauen versuchen, ihre ADHS-Symptome durch Perfektionismus und übermäßige Anstrengung zu kaschieren.
  • Soziale Anpassung: Es wird viel Energie darauf verwendet, „normal“ zu erscheinen und nicht aufzufallen.

Diese Strategie des „Implodierens“ kann dazu führen, dass ADHS bei Frauen oft übersehen oder spät diagnostiziert wird, da die Symptome weniger offensichtlich sind.

Männer und das „Explodieren“

Im Gegensatz dazu tendieren Männer mit ADHS eher dazu, ihre Schwierigkeiten nach außen zu richten und störendes Verhalten zu zeigen. Dieses „Explodieren“ kann folgende Formen annehmen:

  • Externalisierung: Probleme werden oft durch auffälliges Verhalten zum Ausdruck gebracht.
  • Impulsivität: Männer mit ADHS handeln häufiger, ohne nachzudenken, was zu Konflikten führen kann.
  • Aggressivität: Frustrationen können sich in verbalen oder physischen Ausbrüchen entladen.
  • Risikobereitschaft: Extreme Verhaltensweisen oder gefährliche Aktivitäten dienen als Ventil für innere Unruhe.

Das „Explodieren“ macht die ADHS-Symptome bei Männern oft sichtbarer, was zu einer früheren Diagnose führen kann, aber auch zu mehr Konflikten im sozialen Umfeld.

Beide Coping-Strategien bringen eigene Herausforderungen mit sich:

  • Frauen, die „implodieren“, leiden oft im Stillen und entwickeln eher Depressionen oder Angststörungen.
  • Männer, die „explodieren“, geraten häufiger in Konflikte und haben möglicherweise Schwierigkeiten in Beziehungen oder im Beruf.

Das Verständnis dieser geschlechtsspezifischen Tendenzen kann jedoch dazu beitragen, ADHS besser zu erkennen und individuellere Unterstützungsangebote zu entwickeln. Ziel sollte es sein, sowohl Frauen als auch Männern mit ADHS zu helfen, gesündere und effektivere Bewältigungsstrategien zu entwickeln, die weder zu einem schädlichen „Implodieren“ noch zu einem problematischen „Explodieren“ führen.

5. Hormonelle Achterbahn: Wie Hormone ADHS bei Frauen beeinflussen

Stellen Sie sich vor, Sie fahren Achterbahn mit Ihren ADHS-Symptomen. Bei Frauen kann diese Achterbahn durch hormonelle Schwankungen noch zusätzliche Loopings und Kurven bekommen. Lassen Sie uns einen genaueren Blick darauf werfen, wie Hormone das Leben mit ADHS für Frauen beeinflussen können.

Der monatliche Zyklus: Ein Auf und Ab der Symptome

Viele Frauen mit ADHS berichten, dass ihre Symptome im Laufe ihres Monatszyklus variieren. Es ist, als ob die ADHS-Symptome mit dem Zyklus tanzen würden:

  • Vor der Periode: In der Zeit vor der Menstruation können sich ADHS-Symptome oft verstärken. Konzentrationsschwierigkeiten nehmen zu, und die emotionale Regulation wird schwieriger.
  • Während der Periode: Manche Frauen fühlen sich in dieser Zeit besonders unkonzentriert und vergesslich.
  • Nach der Periode: Viele Frauen erleben eine Phase verbesserter Konzentration und Energie.

Schwangerschaft: Neun Monate voller Überraschungen

Die Schwangerschaft ist für viele Frauen eine Zeit großer hormoneller Veränderungen, die auch die ADHS-Symptome beeinflussen können:

  • Erstes Trimester: Einige Frauen berichten von einer Verschlimmerung ihrer ADHS-Symptome.
  • Zweites Trimester: Viele erleben eine Phase der Besserung, fast wie ein „ADHS-Honeymoon“.
  • Drittes Trimester: Die Symptome können wieder zunehmen, besonders wenn Schlafprobleme hinzukommen.

Wechseljahre: Eine Zeit der Veränderung

Die Wechseljahre bringen erneut hormonelle Umstellungen mit sich, die ADHS-Symptome beeinflussen können:

  • Zunehmende Vergesslichkeit und Konzentrationsschwierigkeiten können auftreten.
  • Emotionale Schwankungen können sich mit ADHS-bedingter Impulsivität vermischen.
  • Schlafstörungen können ADHS-Symptome verstärken.

Was bedeutet das für Frauen mit ADHS?

Diese hormonellen Einflüsse machen das Management von ADHS für Frauen zu einer besonderen Herausforderung. Es ist, als müssten sie nicht nur mit ADHS umgehen, sondern auch mit einem sich ständig verändernden hormonellen Hintergrund. Einige Tipps für Frauen mit ADHS:

  1. Führen Sie ein Symptom-Tagebuch, um Muster zu erkennen.
  2. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über mögliche Anpassungen der ADHS-Behandlung in verschiedenen Zyklusphasen.
  3. Entwickeln Sie flexible Coping-Strategien, die Sie je nach hormoneller Phase anpassen können.
  4. Seien Sie geduldig mit sich selbst – Ihr Körper leistet Großartiges!

Verstehen Sie die Wechselwirkung zwischen Hormonen und ADHS als Chance, Ihren Körper besser kennenzulernen und maßgeschneiderte Strategien zu entwickeln. Mit dem richtigen Wissen und der richtigen Unterstützung können Sie die hormonelle Achterbahn meistern und Ihr Leben mit ADHS erfolgreich gestalten.

6. ADHS im Spiegel der Gesellschaft: Wie Erwartungen Symptome formen

Stellen Sie sich vor, ADHS wäre ein Schauspiel auf der Bühne des Lebens. Die Gesellschaft fungiert dabei als Regisseur, der unterschiedliche Rollen für Männer und Frauen vorgibt. Diese geschlechtsspezifischen Verhaltenserwartungen und Sozialisierungsprozesse beeinflussen maßgeblich, wie sich ADHS bei Frauen und Männern manifestiert und wahrgenommen wird.

Frauen: Die leisen Kämpferinnen

  • Mädchen werden oft dazu erzogen, „brav“ und angepasst zu sein.
  • ADHS-Symptome wie Unaufmerksamkeit werden als Tagträumerei abgetan.
  • Hyperaktivität äußert sich eher als innere Unruhe oder Geschwätzigkeit.
  • Frauen mit ADHS neigen dazu, Probleme zu internalisieren, um sozialen Erwartungen zu entsprechen.

Männer: Die lauten Rebellen

  • Jungen wird oft mehr körperliche Aktivität und „Wildheit“ zugestanden.
  • Hyperaktivität und Impulsivität werden als typisch „jungenhafte“ Verhaltensweisen akzeptiert.
  • ADHS-Symptome fallen bei Männern oft deutlicher auf und führen zu früherer Diagnose.
  • Männer externalisieren ihre Schwierigkeiten häufiger, was zu offensichtlicheren Problemen führen kann.

7. Fazit: Der Weg zu einer geschlechtersensiblen ADHS-Versorgung

Ich empfinde es als wichtig, dass wir die Unterschiede bei Frauen und Männern mit ADHS besser verstehen. Jeder hat seine eigene Geschichte.

Und ja, manchmal fühlt man sich wie ein Alien in einer Menschenmenge.

Wenn wir mehr darüber reden, können wir Frauen mit ADHS besser helfen. Viele fühlen sich allein oder missverstanden. Das muss nicht sein! Ich glaube, jeder kann etwas bewirken. Vielleicht kennen Sie jemanden mit ADHS oder sind selbst betroffen. Ein freundliches Wort kann Wunder wirken. Lassen Sie uns dafür sorgen, dass sich niemand wegen ADHS schämen muss. Jeder verdienten Hilfe.

Und hey, wenn wir das gemeinsam angehen, wird das Leben für uns alle ein wenig einfacher – und lustiger!

Alles Liebe

Alexandra

Alexandra-Henriette Marjanovic

Alexandra-Henriette Marjanovic

M.Sc. ped.Ost. (GB), DPO, M.Sc. Ost. (D)

Alexandra Marjanovic ist eine erfahrene Heilpraktikerin, die sich auf Psychologie, Psychosomatik und Osteopathie spezialisiert hat. Mit viel Herz und Fachwissen begleitet sie Neugeborene, Kinder mit besonderen Bedürfnissen und Erwachsene mit ADHS auf ihrem Weg zu mehr Wohlbefinden.

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